Frühjahrswanderfahrt 2022 auf der Werra

Nein?! Doch! Oooooooh! – Jagdhorn und Fahnenbruch

Von unserer Wanderfahrt auf der Werra können wir euch ganz schön was erzählen. Im Ernst! Schon allein die integrative Zusammenstellung der Mannschaft mit Ruderkameraden aus anderen Rudervereinen Kassels und Frankfurts ist etwas Besonderes. Dass wir eine gute Zusammenarbeit beherrschen und Harmonie sowie Humor eine wichtige Rolle spielen, stellten wir schon am Freitag bei der Vorbereitung unter Beweis. Denn die erste Gruppenentscheidung stand bereits an, als sich der mit Holtesmeni und Rhein sowie dem Zubehör wie Enterhaken und Skulls beladene Hänger noch keinen Meter vom Bootshaus entfernt hat. Es galt aufgrund des niedrigen Wasserstandes in Mihla, eine neue Routenführung zu besprechen. Da zunächst gegen die Strömung zu rudern in Wanderruderohren und -ohrinnen doch etwas obszön klingt, beschlossen wir etwas weiter flussabwärts in Wanfried zu starten und die Tour über das ursprüngliche Ziel Bad Sooden-Allendorf hinaus zu verlängern. Vielleicht schaffen wir es ja sogar nach Bremen. 🙂

Gesagt getan. Das Bootshängergespann, gezogen vom Alleskönnerfahrzeug von Bernhard und Michaela, traf tatsächlich als erstes unterhalb des Wehres in Wanfried ein. Die eingespielte Mann- und Frauschaft ließ sich auch von tosenden Wassermassen, die die Kante hinunterrollten, nicht von einem zügigen Aufriggern der Boote abhalten, sodass schwuppdiwupp alle Boote, Steuerleute und Rudermenschen bereit zum Ablegen waren. Nachdem noch ein paar Eindrücke fotografisch festgehalten und die jeweiligen Aufgaben verteilt wurden, ging es nach einer zügigen und kraftvollen Wende über Backbord mit der Strömung die Werra hinab. Dass die Werra, wenn auch verheiratet mit Fulda und verwandt mit Weser, kein seichtes Flüsschen ist, konnten wir schon gleich auf den ersten paar Kilometern vorbei am Leuchtenberg mit Bismarckturm feststellen, die sich beim Warten auf das zweite Boot auch mit passiver Mitgliedschaft ruckzuck abfahren ließen. Das Bootshaus des Eschweger Rudervereins war daher zügig erreicht und konnte zur hellen Freude aller durch Bernhards überraschende musikalische Darbietung mit seinem Jagdhorn auch gar nicht verfehlt werden. Das war ein Spaß, so ein Empfangskommando hatten wir noch nie und gilt auch bei den alten Wanderruderhasen und -häsinnen als einzigartig und besonders besonders! Wie auf Wanderfahrten üblich wurden nach dem Abstellen des Bootshängers durch die beiden Fahrzeugführer bei dieser Gelegenheit auch die Lücke im Vierer wieder aufgefüllt und Plätze getauscht, sodass die Fahrt frisch fortgesetzt wurde. An der Schleuse in Eschwege brauchte es dann ein paar kräftige Züge, um nicht in die Querströmung vor der Schleusenkammer zu geraten. Letztendlich kein Problem, wozu haut man denn zuhause auf der Fulda sonst immer mal ein paar dicke heraus, wenn man die nicht auch mal irgendwo gebrauchen kann?! Die von Bernhard bereits vorbereitete Schleusung konnten wir anschließend antreten und dabei den obligatorischen Aperitif genießen. (Grüße an unseren Schleusenschnapsbeauftragten Rüdiger).

Eschwege zurücklassend begegneten uns neue Herausforderungen durch küstenähnliche Wasser- und Windbedingungen. Die volle Aufmerksamkeit galt dem jeweiligen Boot und der Entwicklung und Umsetzung der Ruderkommandos. Nur die Fahne im Heck des Zweiers konnte auf den Hinweis „Wegducken“ leider nicht rechtzeitig reagieren und ging bei Kontakt mit einem herabhängenden Ast zu Bruch. Sie wurde unter vollem Risikoeinsatz für Leib und Leben gerettet. Es geht ihr den Umständen entsprechend gut, sie wird fachkundig versorgt.

Mit geschärften Sinnen nach diesem doch tragischen Ereignis konnten wir unsere Reise fortsetzen und nutzten einem kleinen Kanuanleger (gute Ruderer*Innen können mit jedem Material umgehen) in Kleinvach um für unsere Mittagspause anzulegen. Unsere mitgebrachten Speisen haben wir zu einem delikaten Buffet angerichtet, welches keine geschmacklichen Gelüste unbefriedigt ließ. Außerdem erhielten wir Besuch vom radfahrenden Vereinsmitglied Oli und konnten wieder mit unserem professionellen Landdienst und Schleusenmeister Bernhard zusammenkommen.

Mit Sonne und angenehmen Temperaturen fuhren wir vorbei am Schloss Rothenstein weiter nach Bad Sooden-Allendorf. Entgegen der Erwartung der Beobachterinnen im idyllischen Ufercafé („Jetzt rudert doch mal!“) mussten wir unsere erste Erfahrung mit der scharfen Linkskurve zur Schleuse machen. Nach erneutem Wenden und anschließend erfolgreichem Schleusengang mit freundlicher Unterstützung vom vierrädrigen und zweirädrigen Landdienst genossen wir auf unserer letzten Samstagsetappe den Zweiburgenblick auf Burg Hanstein und Burg Ludwigstein sowie viele der majestätischen Schwäne, die sich entlang der Werra wohl fühlen. Nach nun insgesamt fast 48 Kilometern waren wir in Witzenhausen angelangt.

Nach einem leckeren Frühstück im hoch auf dem Kochsberg in Wanfried gelegenen Hotel mit hervorragendem Blick ins Werratal setzten wir unsere Ruderfahrt weiter fort. Die allgemeinen Sicherheitshinweise von the one and only Wanderruderführer Stephan bezogen sich zur Erhöhung der ein oder anderen Anspannung auf die bevorstehende Befahrung des Flutgrabens zwischen Blickershausen und Hedemünden. Wem die erlebnisorientierte Art der Ruderfahrt am Vortag noch nicht gereicht hat, kam nun auf seine Kosten. Theoretisch ist im Wassersport jedem klar, dass wir mit der Strömung grundsätzlich bergab fahren, denn Wasser fließt ja bekanntlich nicht bergauf. Es aber im Flutgraben tatsächlich mit den Augen bewusst wahrnehmen zu können, ist jedoch noch eine ganz andere Basislektion und setzt Toleranz gegenüber nasser Kleidung voraus. Eine super spannende Erfahrung und ein einzigartiger Kontrast zur Fulda, wie wir alle finden.

Die anschließend nur noch wenigen Kilometer bis nach Hann. Münden waren schnell zurückgelegt und mündeten in ausführlichen Hinweisen auf Lebensgefahr im Bereich der Wehr- und Schleusenlandschaft der Mündener Innenstadt. Beim Einsetzen der Boote nach der zweiten Umtragestelle erkannte dann auch der entspannteste unter uns, warum. Es begrüßte uns eine starke Strömung auf der Backbordseite, die kaum einen Schaft heil zu lassen schien. Zudem noch ein Querströmung von Steuerbord, sodass nicht ganz klar war, wie wir die dahinterliegende Meerenge sicher durchschiffen können. Aber die Zuversicht der Steuerleute und die Kraft der Bugleute sind hier ausschlaggebend, sodass wir nach ein paar tiefen Atemzügen mit Ruhe und Entspannung die Werra zur Weser werden ließen, noch höflich die Fulda backbordseitig grüßten und unsere Wanderruderfahrt in Hann. Münden nach insgesamt etwa 72 Kilometern mit einem leckeren Restbuffet beendeten.

verfasst von C. Kasischke

 

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