Regatta Bericht 1.0 – Gent, Belgien
Bereits am ersten Abend lernten wir die wunderschöne Innenstadt von Gent kennen. Dies war nach einer Autofahrt von über acht Stunden, aus Ulm kommend, nicht ganz willkommen, aber was kann man tun, wenn das Navi meint, man müsse direkt in der Innenstadt auf allen Einbahnstraßen fahren, um die noch ca. 6 km weit entfernte Regattabahn zu erreichen? Als wir zum dritten Mal die Große Sankt-Niklaus-Kirche aus dem 12. Jahrhundert, umfuhren, beflissen wir doch anders zu fahren. Schließlich erreichten wir um ca. 21 Uhr erschöpft vom Naviinterpretieren unser Ziel und konnten die Regattastrecke noch in der Abenddämmerung bewundern.
Am nächsten Morgen ging es um 6 Uhr früh bereits schon für mich los: Frühstücken, zur Strecke fahren, das von Düsseldorf geliehene Boot fertig einstellen, Schuhe umtauschen und schließlich noch eine Runde auf der Strecke herumfahren, um mich an das andere Material zu gewöhnen. Danach ging ich für ca. eine halbe Stunde vom Wasser, um mich auf mein erstes Einer-, sowie 2000 m Rennen einzustellen und noch die letzten Booteinstellungen zu perfektionieren.
Das Wetter war wirklich schön – die Sonne schien und es hatte 12 Grad. Als ich aufs Wasser ging, bemerkte ich dies wenig. Ich legte von dem nach dem Ziel gelegenem Steg ab und fuhr Unterland die 2km bis zum Start hoch, wo ich dann im dritten Lauf mit einem “Quieck-Staarrt” mein Rennen begann.
Ins Ziel kam ich als Letzte von meinem Lauf – ich hatte es tatsächlich geschafft, nicht ein oder zwei sondern drei Mal einen Krebs zu fangen und somit innerhalb von 100m dreimal komplett stehen zu bleiben. Dies war natürlich unerwünscht, aber aus dieser Erfahrung konnte ich viel für die Zukunft lernen. Außer den hundert Metern, wo ich laut meinem Trainer “Crappy-Crap-Shit” gemacht habe, lief mein erstes Rennen erheblich besser als gedacht.
Mein zweites Rennen hatte ich am nächsten Tag, wieder in aller Früh. Ich nahm mir vor, einen kühleren Kopf zu bewahren und nicht wieder, wie im zuvorigen Rennen zu viel zu wollen, unruhig zu werden und ultimativ stehen zu bleiben. Dieses klappte auch und ich gewann das Rennen, ohne weiter Vorfälle und habe mich sehr darüber gefreut.
Von Gent habe ich wenig gesehen, abgesehen von unserem ungewollten Ausflug am ersten Abend, habe ich mich noch mit dem sehr interessanten belgischen Supermarkt auseinander gesetzt, der vielerlei Leckereien verbirgt. Selbstverständlich habe ich mir noch ein paar Rennen angeschaut, wobei ich folgende kulturellen Beobachtungen machen konnte:
- Die Belgier sind ein herrlich gelassenes Volk – die Verspätung zwischen den Rennen hat sie wenig gestört, sowie die unebenen Bojenketten, die sich an der 1500m Marke prompt um einen geschätzten Meter verschoben. Dies meine ich keines Weges als negativ – es sorgte für eine deutlich entspanntere Regatta, ohne dass man die Rennen nicht ernst genommen hätte.
- Die Belgier bemühen sich jedoch stets alle Gastsprachen zu bedienen. Im Zieleinlauf zum Beispiel wurde jeder Sportler in seiner Herkunftssprache annonciert: “And James Jones from England crosses the line in fourth place – gefolgt von Sven Müller von der Rudergemeinschaft….”. Natürlich war da noch jede Menge Französisch, Flämisch und Holländisch zu hören, was das Zuschauen im Bereich der Ziellinie sehr anstrengend aber auch recht amüsant machte.
- In Gent spricht man Flämisch –nicht Französisch, wie uns immer in der Schule vorgegaukelt wird, dass nämlich ganz Belgien Französisch spräche – in diesem Teil des Landes spricht man eindeutig Flämisch.
- Die Engländer haben, zumindest auf Regatten, ein schauderhaftes „Mode nicht Gespür“ – sie tragen ihre Einteiler über ihre langen Hosen was, vor allem bei weißen Einteilern, nicht gut ankommt. Bei diesem Anblick tat meine 16-jährige Seele wirklich weh.
- Deutsche rudern in langen Klamotten, wobei die Engländer (bei ihnen ist es mir aufgefallen) eher dazu neigen, in kurzen Sachen zu Rudern, was meine Eisbärenseele wirklich begeisterte (mir ist immer warm – immer!).
Insgesamt war die Regatta in Gent eine wunderschöne Erfahrung und ich freue mich schon auf die nächste.
Isabelle Thiel