Ein Tagebuch
1. Tag
Das lange Warten hat endlich ein Ende. Treffpunkt ist um 09:15 Uhr am Mc Donald‘s Parkplatz gegenüber der SMA. Die Mercedesbusse treffen ein, es erfolgt eine kurze Begrüßung und los geht es. „Fasten your seat belts and ready for take off!“ Nach knapp 100 Kilometern rührt sich der Hunger. Also gibt es erstmal Frühstück am Rastplatz! Könnte uns Regen davon abhalten? Klare Antwort: „NEIN!“ Wir halten, der Tisch wird gedeckt und es scheint als könnten wir auch bequem einen 50 Personenreisebus mit den Nahrungsvorräten versorgen. Leichter Nieselregen setzt ein, bewegt aber keinen die Getränke- und Nahrungsaufnahme zu beschleunigen oder gar zu beenden. Ein kleiner Stau auf der A17 verursacht eine leichte Verzögerung der geplanten Fahrzeit.
Die Ankunftszeit wird eingehalten trotz der Tatsache, dass ein überlanger Mercedesbus eine Weile lang versucht eine Parklücke in viel zu kleinen Innenstadtparkplätzen zu finden. Die Residenz dieses Ausfluges ist das IBIS Königsstein.
Um 15:00 Uhr folgt schon der erste hochkulturelle Programmpunkt, bestehend aus einer Brauereiführung im Brauhaus Watzke. In dem vermeintlich sicheren Gefühl in der Tram Fahrtausweise beschaffen zu können steigen alle fix ein. Schnell sind drei Freiwillige gefunden, die mit genau dieser Beschaffung überfordert sind. Der Automat nimmt nur Münzgeld. Wir realisieren, dass wir seit 4 Stationen bereits „schwarz“ fahren. Ein aufmerksamer Dresdner weist uns darauf hin, dass an jedem Steig mit Scheinen bezahlt werden kann. Wir steigen aus, ziehen Tickets, wischen uns die Schweißperlen von der Stirn und schon geht die Reise weiter. Die Reiseleiterin informiert die Brauerei wegen der leichten zeitlichen Verzögerung.
Die Ankunft in der Brauerei gestaltet sich schon deutlich angenehmer. Zuerst gönnen wir uns ein kleines Helles. Bei der Watzke-Brauerei handelt es sich um eine kleine, lokale Brauerei mit lediglich zwei Braumeistern. Einer dieser besagten Meister führt uns durch die kalten Gemäuer. Genau hier begegnet uns dann zum ersten Mal das für Dresden omnipräsente Thema Hochwasser.
Nach Darbietung des einen oder anderen Details zur Vergärung von Weizen, Hefe und Wasser, sowie der Erkenntnis, dass das erste Lehrjahr im Brauereiwesen überwiegend aus Putzen besteht, kommt es zum Wesentlichen: der Verkostung des leckeren Gerstensaftes. Sagen wir es mal so: Es blieb kein Bier übrig, das hätte schlecht werden können.
Der Rückweg zum Hotel ist ein Leichtes, denn nun sind wir bereits erfahrene Reisende im ÖPNV der Dresdener Verkehrsbetriebe. Nun befinden sich Tagesgruppenkarten in unserem Besitz. Die Angst beim Fahren ohne gültigen Fahrtausweis erwischt zu werden gehört der Vergangenheit an.
Nach der Ankunft im Hotel bilden sich kleine Gruppen zur „Frei“-zeitgestaltung bis 19:00 Uhr. Die Stadtbesichtigung bei herrlichstem Nieselwetter erfolgt sportlich zügig. Es bleibt aber ausreichend Zeit für obligatorische Selfies mit der Frauenkirche, dem Zwinger und der Semperoper im Hintergrund. Stadtplan und Smartphone sind hilfreiche Begleiter, um nicht zuletzt auch den Weg zum Restaurant Planwirtschaft zu finden, wo ein Tisch bereits reserviert ist.
Zum Essen ist das ganze Team dabei. Das Restaurant macht seinem Namen leider nicht die Ehre und hat für uns zu wenig Sitzplätze einge-„plant“. Schnell ist die Tafel jedoch erweitert, sodass auch alle 18 Hungrigen „wirklich“ Platz nehmen können. Wir bestellen und speisen gut, doch leider hat sich der Würzfleischteufel in die Rechnung eingeschlichen. Ebendieses hat sich scheinbar vervielfacht. Mit souveräner sächsischer (Mund)art gelingt es Anne die Würzfleischcausa einvernehmlich zu lösen.
Nach einem kleinen Absacker im Hotel ist der ereignisreiche Anreisetag zu Ende.
2. Tag
Für die muntere Reisegruppe ist heute zeitiges Aufstehen angesagt, denn bereits um kurz vor neun wollen wir mit der S-Bahn nach Pirna fahren. Wir nehmen ein leckeres Frühstück ein und starten ausgerüstet mit ausreichend Verpflegung und in Sportkleidung gehüllt. Mithilfe eines weiteren hilfsbereiten sächsischen Ortsansässigen ist eine Phase kurzer Verwirrung bzgl. des Weges zur Elbe schnell gelöst. Nun sind wir auf dem rechten Pfad zum vereinbarten Treffpunkt mit einem Mitglied des Dresdener Ruderclubs, welches am Bootshaus des „Pirnaer Ruderverein 1872“ bereits auf uns wartet. Ein Hänger mit zwei farblich adäquat lackierten BLAUEN Doppelvieren, sowie einem in frech-provozierendem ROT lackierten Doppelvierer stehen bereit.
Alle fassen an und so sind die Boote schnell abgeladen und aufgeriggert. Ebenso sind die Mannschaften zügig eingeteilt, denn alle wollen aufs Wasser. So ergeben sich folgende Mannschaften:
- Hanna steuert Dieter, Andrea, Rüdiger und Tanja
- Martina steuert Kirsten, Jens L., Holger und Michaela
- Meike steuert Jens G., Katrin, Rolf und Anne
Start unserer heutigen Tour ist bei Flusskilometer 34,4. Nach einer kleinen Startschwierigkeit mit einem Rollsitz, der fachmännisch auf dem Wasser repariert wird, geht die Fahrt zügig voran. Die Strömung übernimmt einen großen Teil der Arbeit.
Das Gewässer ist mit unserer heimatlichen und ruhigen Fulda nicht zu vergleichen, da wir es uns mit kreuzenden Personen- sowie Autofähren und an uns vorbeifahrenden wellenschlagenden Schiffen teilen müssen. Die Fahrt führt uns vorbei an Schloss Pillnitz, welches schon vom Wasser aus betrachtet einen imposanten Eindruck hinterlässt. Nach zwei Stunden legen wir für eine kurze Rast am Steg des Universitätssportverein TU Dresden an. Wir lassen es uns gehen und können bei üppigem Sonnenschein Hunger und Durst stillen.
Frisch gestärkt geht es auf die zweite Etappe, zunächst durch das blaue Wunder und dann durch die Dresdener Innenstadt. Was Freitag bereits zu Fuß beschritten wurde, gönnen wir uns nun erneut, jedoch mit einer deutlich exklusiveren Perspektive. Der Blick des Ruderers vom Wasser auf das Elbflorenz, stellt für mich persönlich ein absolutes Highlight dar. Ganz sicher ist es nicht, aber man munkelt, dass uns ob der herausragenden Ruderleistung zugejubelt wurde. Vielleicht galt der Jubel aber auch den Sportlern des zeitgleich stattfindenden Radrennens, aber das ist wie gesagt sehr unwahrscheinlich. Nachdem wir den Landtag des Freistaates Sachsen passieren, geht es in den Endspurt. Die letzten 2.000 Meter werden angesagt. Wir erinnern uns an die wenige Tage zuvor eingefahren deutschen Goldmedaillen in Rio, als der Herren-Doppelvierer und der Damen-Doppelvierer die begehrten Edelmetalle errangen. Instinktiv steigern wir die Schlagzahl und urplötzlich sind wir auch schon am Ziel des Dresdener Ruderclubs von 1902 bei Flusskilometer 61,6.
Gemeinsam wird angefasst und bei inzwischen tropischen Temperaturen sind die Boote rasch abgeriggert, geputzt und auf dem bereitstehenden Hänger verladen. Ein außerordentlich freundlicher Herr des Rudervereins lädt uns zu einer kurzen Besichtigung des Bootshauses ein. Was noch wichtiger erscheint, er bietet uns ein kühles Bier zum Verzehr auf der Terrasse an. Diesem unwiderstehlichen Angebot kommen wir selbstverständlich nach.
Mit der Tram geht es nun zurück ins Hotel, eine erfrischende Dusche ist jetzt Gold wert. Ein Teil unserer Gruppe entspannt nun im Biergarten des Hotels bei einem Kaltgetränk, ein anderer überwiegend weiblicher Teil vertreibt sich die Zeit bis zum Essen mit – man ahnt es bereits – ja, natürlich mit Shopping.
Entweder zu Fuß oder mit der Tram finden wir uns pünktlich um 20:00 Uhr über den Dächern Dresdens im Kuppelrestaurant Yenidze ein. In der warmen Jahreszeit sitzen wir selbstverständlich im Freien und genießen von dort die herrliche Aussicht auf Dresden. Essen, Service und Ausblick sind einzigartig gut. Die laue Sommernacht lässt in der Tat ein Gefühl von Florenz aufkommen. Zudem können wir während unseres gesamten Aufenthalts im Yenidze mehrere über Dresden stattfindende Feuerwerke genießen. An dieser Stelle sei für die „First class organisation“ gedankt.
Schweren Herzens trennen wir uns dann aber doch vom Yenidze. Während Angelique Kerber ihre Silbermedaille im Tennisdameneinzel erringt, gönnen wir uns den obligatorischen Tagesabsacker an der Hotelbar.
Mehrere Optionen für den letzten Programmpunkt am Sonntag sind abgewogen worden. Die Würfel sind gefallen und so lautet das Ziel Pillnitz. Gestern haben wir die berühmte Treppe des Schuhs von Aschenputtel noch vom Wasser aus bewundert und heute stehen wir darauf. Für jeden Besucher ist hier etwas dabei, angefangen von den Entwicklungen des Fahrrades und der Schreibmaschine, über die Besichtigung der Schlossküche bis hin zu einer Ausstellung von Pop-Art-Kunstwerken. So bestand u.a. die Möglichkeit das Fahrgefühl auf einem Einrad zu erproben und sich über die außerordentlich wichtige Erfindung der Schreibmaschine zu informieren. Ein angebrachtes Informationsschild, mit möglicherweise nicht ganz zeitgemäßem Kommentar, lässt den Besucher wissen:
„Sie [die Schreibmaschine, Anm. d. Ver.] beschleunigte nicht nur die steigende Schreibarbeit, sondern erschloss Frauen ein neues Arbeitsfeld.“
Nicht zuletzt führt der leckere Kaffee (oder war es vielleicht auch ein Bier) zur ersten echten Verspätung von drei Herren, deren Erstbuchstaben im Namen ich aus Datenschutzgründen weglasse: …olger, …ens und …üdiger.
Der Magen knurrt und wir entscheiden uns kurzerhand in einem der vielen Biergärten entlang des Elbufers vor der Heimreise Nahrung aufzunehmen. Auch wenn es nicht ganz leicht fällt eine geeignete Parkmöglichkeit zu finden, die Kapitäne finden eine Lösung. Freundlichkeit und leckeres Essen treffen auch hier wieder zusammen und lassen uns zufrieden Richtung Heimat aufbrechen.
Unser großes Lob und herzlichen Dank gilt Jens und Rolf für das Chauffieren, insbesondere für die Durchquerung Dresdens und der partiellen Nutzung der Radsportrennstrecke.
Herzlichen Dank auch an Kirsten für das Rundum-Sorglos-Paket, du bist eine würdige Reiseleiterin. Danke Anne für die tollen Insidertips und nicht zuletzt danke an alle, dass wir uns ein so schönes Wochenende bereitet haben.
Jens Lattmann